Fast Close: Tipps & Best Practices zum Jahresabschluss
Veröffentlich am 22. Dezember 2022
Der Jahresabschluss. Das Murmeltier grüßt in diesem Fall nicht täglich sondern jährlich, denn am Jahresabschluss führt für Finanzteams kein Weg vorbei. Er bezeichnet den rechnerischen Abschluss eines kaufmännischen Geschäftsjahres und besteht laut Handelsgesetzbuch (HGB) aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung. Im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss ist auch häufig von Fast Close, Fastclose oder Fast Closing die Rede. Doch was bedeutet das genau?
In diesem Artikel finden Sie Tipps und Best Practices von Expert:innen, um die Aufstellung des Jahresabschlusses zu beschleunigen.
Was bedeutet Fast Close?
Das Konzept des Fast Close bezeichnet einen wörtlich schnellen Abschluss, d.h. die beschleunigte Aufstellung, Prüfung und Veröffentlichung von Monats, Quartals- und Jahresabschlüssen. Die Herausforderung eines Fast Close besteht darin, trotz der beschleunigten Abläufe gute Qualität zu liefern, in diesem Fall gleichbedeutend mit einem fehlerfreien Abschluss.
Fast Close: 3 Tipps
Damit ein schneller aber auch qualitativ guter Jahresabschluss gelingt, hilft es, sich früh zu organisieren. Es gibt außerdem noch ein paar andere Faktoren, die es beim Fast Close zu beachten gilt.
1. Gute Vorbereitung ist das A und O
Je nach Firmengröße und Komplexität ist es ratsam, bereits zwei bis drei Monate vor dem eigentlichen Jahresabschluss mit den Vorbereitungen zu beginnen. Das is der richtige Moment, um zu überprüfen, wie das Team aufgestellt ist und welche Kernkompetenzen intern vorhanden sind. Sollten Sie feststellen, dass nicht alle nötigen Qualifikationen vorhanden sind, haben sie so genug Zeit, sich in Ruhe um externe Ressourcen zu kümmern.
2. Die richtige Rollenverteilung im Team
Danach können Sie zur Rollenverteilung übergehen und mit dem Team festlegen, wer den Lead, also die Hauptverantwortung übernimmt und wie die Aufgaben verteilt werden. Hier ist es sinnvoll, klar zwischen der Rolle der „Ersteller” und der „Reviewer” zu unterscheiden, d.h. wer den Jahresabschluss erstellen, und wer ihn im Anschluss nach dem Vieraugenprinzip überprüfen wird.
Danach kann das Team gemeinsam die Prioritäten für die nächsten Wochen festlegen (z.B. Priorität eins und zwei oder Priorität A und B). Besprechen Sie außerdem, wer im Krankheitsfall als Vertretung einspringen kann, das erspart allen Beteiligten unnötigen Stress, gerade wenn es auf die Deadline zugeht.
Falls Sie für Ihren Jahresabschluss externe Hilfe brauchen, sollten Sie diesen frühzeitig anfragen, denn diese sind oft bereits mehrere Monate im Voraus ausgebucht.
3. Roadmap & Jahresabschluss Checklisten erstellen
Gemeinsam können Sie im nächsten Schritt die Roadmap für Ihren Jahresabschluss festlegen und entsprechende Checklisten erarbeiten. Sie können z.B. eine bereits existierende Checkliste für den Monatsabschluss um die Elemente für den Jahresabschluss erweitern. So gehen Sie sicher, dass Ihr Vorgehen das ganze Jahr über das gleiche bleibt. Bei Bedarf können diese Art von Listen auch bei Ihrer Steuerkanzlei angefragt werden. Auch wir haben eine Checkliste für Sie zusammengestellt, diese finden Sie am Ende des Artikels.
Kommunizieren Sie Ihre Roadmap im Anschluss mit dem restlichen Unternehmen. So wissen die anderen Teams, ab wann das Finanzteam weniger Zeit in andere Projekte investieren kann.
Ein Ablaufplan zum Fast Close inkl. Best Practices
Beachten Sie diese einzelnen Schritte, wenn Sie einen Fast Close durchführen wollen:
Daten vorbereiten
Bevor Sie mit der Aufstellung des Jahresabschlusses beginnen, können Sie bereits zeitaufwändige Vorarbeit erledigen. Dazu gehört das Überprüfen der Daten: Sind alle Monatsabschlüsse sauber, ist ein neuer Revenue-Stream hinzugekommen, sind alle Mehrwertsteuersätze richtig abgebildet? Der letzte Punkt ist besonders für das Jahr 2020 mit dem Wechsel von 19 Prozent auf 16 Prozent wichtig.
Sonderthemen überprüfen
Sobald diese zugegeben zeitaufwändige Fleißarbeit erledigt ist, können Sie sich auf Sonderthemen konzentrieren. Dazu gehört, wenn Ihr Unternehmen ein Lager besitzt, die Vorbereitung des Inventars. Überprüfen Sie auch, ob es zusätzliches Fremdkapital gibt. Vielleicht ist eine neue Funding-Runde über den Jahreswechsel geplant, die es zu beachten gibt. Haben Sie immaterielle Vermögenswerte, die angesetzt werden können? Gab es zusätzliche Verkäufe, die wichtig sind? Benötigen Sie Sondergutachten? Weiß das Team, wie ESOPs anzusetzen sind? Diesen Themen sollten Sie sich nicht zu spät widmen!
Informationen einholen
Nutzen Sie die Wochen vor dem Jahresabschluss außerdem, um sich wichtige Informationen, wie z.B. die Cut-Off-Zeiten von Ihren Banken einzuholen. Wissen Sie, wann die letzte Überweisung am Jahresende abgebucht wird? Sind alle ausstehenden Rechnungen beglichen? Das gleiche gilt auch für Payment Service Provider wie PayPal, die anders bilanziert werden müssen. Vielleicht ist Ihr Unternehmen stark gewachsen und es sind neue, von der Firmengröße abhängige Regelungen zu überprüfen? Auch hier gilt: Informieren Sie sich frühzeitig.
Aktuelle Prozesse überprüfen
Bevor das Team mit der eigentlichen Arbeit am Jahresabschluss beginnt, sollten Sie sich außerdem die Zeit für eine Aufnahme der aktuellen Prozesse nehmen. Sind Ihre Prozesse nach wie vor aktuell oder werden Sie in der Praxis bereits anders gelebt? Vielleicht lohnt es sich, an manchen Stellen zu vereinfachen, das kann später Doppelarbeit ersparen. Wenn Ihre Prozesse überall die gleichen sind, lassen sich Fehler außerdem schneller bereinigen.
Prozesse automatisieren
An dieser Stelle kann es sich lohnen, über die Automatisierung dieser internen Prozesse nachzudenken. Natürlich werden Sie nicht von heute auf morgen alle Prozesse umstellen, doch eine schrittweise Erhöhung der Automatisierung kann Ihnen die Arbeit langfristig erleichtern. Ein Beispiel ist die Verwaltung von Spesen und Reisekosten.
Mit einer Softwarelösung zur Ausgabenverwaltung wie Spendesk können Sie sicherstellen, dass Sie bereits alle Belege und eine saubere Datenbasis aus den Monatsabschlüssen vorliegen haben. Diese müssen nur noch kurz überprüft werden und können direkt mit Ihrem Buchhaltungssystem wie z.B. DATEV verknüpft werden.
Teamroutinen festlegen
Legen Sie eine Routine für das Team fest und organisieren Sie tägliche oder wöchentliche Kick-Off Meetings. Wenn das Team auf verschiedene Standorte verteilt ist, lassen sich diese auch über Zoom, Google Hangout oder ähnliche Tools organisieren. In diesen Stand-Ups können die Teammitglieder regelmäßig ihre Fortschritte, Blocker und Herausforderungen ansprechen. Sie können sich dabei im Finanzteam von den täglichen Stand-Ups und den Sprints im Product Team inspirieren lassen.
Auch für hilfreiche Tools können Sie sich dort etwas abschauen. Sie können sich z.B. mit Trello, Google Calendar oder Jira-Boards im Team organisieren. Für die interne Kommunikation macht ein Slack-Channel Sinn, für die Kommunikation mit der Steuerkanzlei vielleicht eher E-Mails mit dem Team in Kopie.
Egal welchen Kanal Sie wählen: Setzen Sie hier klare Deadlines und vereinbaren Sie Regeln für eine proaktive Kommunikation wie z.B. eine 24- oder 48-Stunden-Regel für Antworten auf E-Mails. Auch wenn der Kollege oder die Kollegin z.B. nur kurz und knapp antwortet, dass er die E-Mail gesehen hat, und daran arbeitet, hilft es dem Team besser einzuschätzen, wo man gerade steht.
Praxistipp: Geben Sie dem Team einen lustigen oder greifbaren Projektnamen, so macht die Arbeit direkt mehr Spaß!
Transparente Kommunikation
Für eine transparente Kommunikation ohne Missverständnisse gilt es außerdem, Mehrdeutigkeiten wie “as soon as possible” (ASAP) zu vermeiden. Diese sind nicht greifbar und werden von jedem anders gedeutet. Sollte es zu Fehlern kommen, und seien wir ehrlich, diese lassen sich nie zu 100 Prozent vermeiden, hilft eine offene Fehlerkultur. Statt mit dem Finger auf den Schuldigen zu zeigen, ist das Ziel im Team, schnell eine Lösung zu finden.
Weiterer Tipp aus der Praxis:
Legen Sie klare Regeln für eine vereinheitlichte Ablage fest. Wenn alle Ordner und Dokumente nach dem gleichen Schema benannt werden, finden sich alle schneller zurecht.
Arbeiten Sie, um Fortschritte zu veranschaulichen, mit dem sog. Ampelprinzip: grün markierte Aufgaben sind erledigt, gelb bedeutet Sie haben angefangen, rote Aufgaben sind noch nicht begonnen oder es besteht ein Blocker.
Legen Sie für die Zusammenarbeit mit der Steuerkanzlei einen gemeinsamen Datenraum an.
Zum Abschluss hier noch eine Aufstellung der Fehler, die Sie unbedingt vermeiden sollten:
Fehlende Informationen z.B. zu den ESOP-Verträgen, Funding-Runden oder dem Business-Plan
Fehlende Informationen zum Status von Audits bzw. Prüfungen mit der Steuerbehörde
Frühen Kick-Off mit dem/der Prüfer:in oder Steuerberater:in verpasst
Keine Verfügbarkeit oder Nichterreichbarkeit der Banken oder Payment Service Provider
Urlaub von Mitarbeitenden nicht eingeplant
Fehlende Daten und Struktur
Keine standardisierte Struktur zur Datenablage
Unklare Teamrollen und Tasks
Fehlende Roadmap, Checklisten und Koordination
Verfügbarkeit von Stakeholdern nicht überprüft
Fehlende Informationen im Appendix
Keine korrekten Informationen aus Buchhaltung
Fehlende Informationen bezüglich Verträgen, Inventar etc.
Mit diesen Tipps und einer organisierten Vorbereitung sollte es während des Jahresabschlusses keine großen Überraschungen mehr geben. Trotzdem ist es eine arbeitsintensive Phase für das Finanzteam. Führen Sie sich daher im Team die Fortschritte vor Augen und feiern Sie kleine Etappen und Erfolge.